Richard Kleine
Katholischer Priester, Lehrer und Nationalsozialist
Emblem des Bundes
katholischer Deutscher
“Kreuz und Adler”
Der Bund
katholischer
Deutscher “Kreuz
und Adler”,
ein reiner Männerbund,
wurde am 3. April 1933
unter der
Schirmherrschaft von
Franz von Papen,
damals Vizekanzler des
Deutschen Reiches,
gegründet.
Der Gründungaufruf “An
alle katholische
Deutschen!” erblickt “im
stürmischen Aufbruch
des
Nationalbewusstseins”
die Vision eines künftigen
Reiches, das “die
gottgegebene Sendung
des Deutschtums
verkörpert und er erklärt
es zur Aufgabe für
katholische Deutsche,
am kommenden Reiche
mitzubauen und die
“Volks- und
Staatsordnung in
christlich-deutschem
Geiste zu erneuern”. Der
Zweck des Bundes wird
dabei so beschrieben: “...
den christlich-
konservativen Gedanken
im deutschen Volke zu
vertiefen, das
Nationalsbewusstsein
der katholischen
Deutschen zu stärken
und den Aufbau des
kommenden Reiches
geistig zu fördern” - es zu
gründen auf dem
“christlichen Erbgut” und
der “Idee des Reiches”
durch katholische
Christen und
Nationalsozialisten. [1]
Der geschäftsführende
Vorsitzende Emil Ritter
schrieb in den ab Mai
1933 herausgegebenen
“Führerbriefen”: Die
schon in der
beiderseitigen
Grundhaltung angelegte
Gesinnungsgemeinschaft
zwischen dem
Nationalsozialismus und
dem konservativen
Katholizismus soll durch
die Tätigkeit des Bundes
zu einer Willens- und
Zielgemeinschaft
entwickelt werden.” [2]
Die Wirkung des Bundes
“Kreuz und Adler” blieb
im Wesentlichen auf
Akademiker- und
Adelskreise beschränkt.
In der Abtei Maria Laach
fand im April 1933 ein
Treffen statt. Im Oktober
1933 ging der Bund auf
in der
Arbeitsgemeinschaft
Katholischer Deutscher.
Diese war praktisch eine
Untergliederung der
NSDAP. Ihren
Gründungsaufruf
unterzeichnete Rudolf
Heß. Nun ging es darum,
“in den katholischen
Volksteilen das
nNationalsbewusstsein
zu stärken, eine ehrliche,
rückhaltlose Mitarbeit am
Nationalsozialismus zu
zu vertiefen und zu
vermehren, die Reihen
aktiver Kämpfer zu
vergrößern ...”[3]
Alle Zitate sind
entnommen der
Dokumentation von
Klaus Breunig: Die Vision
des Reiches. Deutscher
Katholizismus zwischen
Demokratie und Diktatur
(1921-1934), München
1969:
[1] S. 326 f.
[2] S. 233
[3] S. 236.
Bemühten sich mehrere katholische Theologen im
Untereichsfeld, die Gläubigen zu staatsbürgerlicher
Mitwirkung im „Dritten Reich“ anzuleiten und sie zu
Gehorsam gegenüber der nationalsozialistischen Obrigkeit
aufzurufen, ohne selbst Nationalsozialisten zu sein, war der
Priester Richard Kleine, der als Studienrat am Duderstädter
Gymnasium katholischen Religionsunterricht erteilte, genau
dies. In Briefen an den Oberpräsidenten des
Regierungsbezirks Hannover und an das Reichsministerium
für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom Herbst 1933
stellte er sich als Nationalist und dann Nationalsozialist vor,
der „zum Werke Adolf Hitlers innerste Beziehungen fand“ [1]
und seit 1931 für die nationalsozialistische Bewegung
öffentlich eingestanden wäre. Er habe sich in dutzenden
Religionsstunden in den oberen Klassen, „die ausschließlich
diesem Ziele dienten, bemüht, der studierenden Jugend die
Weltanschauung unseres Führers gerade aus christlicher
Gläubigkeit möglichst nahe zu bringen, habe die männliche
Kraft und Größe seiner Persönlichkeit und seine untadelige,
ritterliche Lauterkeit ihr als Vorbild hingestellt, habe in […]
Predigten den Segen des Himmels auf ihn und seine
schwere Aufgabe herabgefleht, habe die Judenfrage in ihrer
ganzen Größe und Dringlichkeit vor dieser Jugend aufgerollt
und darüber hinaus in vielen Artikeln und Aufsätzen“ [2]
sich unzweideutig in führenden katholischen Blättern und
Zeitschriften für den Nationalsozialismus eingesetzt. Bereits
in der Weimarer Republik habe er durch viele Publikationen
„gegen die Revolution der Novemberverbrecher und die
furchtbaren Verirrungen der deutschen Volksseele“
gekämpft, „gerade vom Standpunkt eines Geistlichen“ .[3]
Kleine gehörte zur Leitung des deutschlandweit agierenden
Bundes katholischer Deutscher „Kreuz und Adler“, dessen
Gründung von Vizekanzler Franz von Papen im April 1933
initiierte und der in der NSDAP-ge-steuerten „Vereinigung
katholischer Deutscher“ aufging. Auch in dieser Vereinigung
hat Kleine mitgewirkt. Er wies darauf hin, dass der Aufruf
„An die katholischen Deutschen!“ zur Bildung des Bundes
„Kreuz und Adler“ in Duderstadt zusammen-gestellt worden
sei. Ziel sei gewesen, „den innerkirchlichen Anschluss
des g e s a m t e n deutschen Katholizismus an das Werk
unseres Führers“ [4] zu erreichen. Der Aufruf erklärte die
Absicht, „… den christlich-konservativen Gedanken im
deutschen Volke zu vertiefen, das Nationalbewusstsein der
katholischen Deutschen zu stärken und den Aufbau des
kommenden Reiches geistig zu fördern“ – es durch
katholische Christen und Nationalsozialisten zu gründen auf
dem „christlichen Erbgut“ und der alten „Idee des Reiches“1
der Deutschen. [5]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Richard
Kleine, inzwischen zum Oberstudienrat befördert, am
Duderstädter Gymnasium weiterhin erlaubt, sich in alter
Gesinnung darum zu bemühen, durch Pflege des
Heldengedenkens das Nationalsbewusstsein junger
Menschen zu fördern.
An der Universität des Saarlandes wird inzwischen an
dem Forschungsprojekt Richard Kleine (1891-1974).
Biographie und theologisches Profil eines
nationalsozialistischen Priesters gearbeitet. Es wird auf
der Homepage der Universität folgendermaßen
beschrieben:
„Ziel des Forschungsvorhabens ist die Abfassung einer
wissenschaftlichen Biographie des katholischen Priesters
und Religionslehrers Richard Kleine (1891-1974) und eine
Studie zu Konzeptionen und Elementen einer Theologie, die
wesentliche Teile nationalsozialistischer Ideologie und
Praxis zu integrieren suchte. Kleine optierte
uneingeschränkt für den Nationalsozialismus und verband
diese Überzeugung mit dem Anliegen einer Reform von
Kirche und Theologie und mit dem Willen zur Überwindung
der konfessionellen Differenzen auf der Grundlage der
Volksgemeinschaftsideologie. Darüber hinaus sollen
Reichweite, Organisation und Mitglieder einer konspirativen
Gruppe nationalsozialistischer Priester erforscht werden,
deren führender Kopf Kleine in Deutschland war. Kleines
Einstellungen blieben nach 1945 im Wesentlichen
unverändert – zu zeigen ist, wie sie sich in theologischen
und religionspädagogischen Reflexionen und Aktivitäten
niederschlugen.
Zu erwarten sind neue Erkenntnisse über den
Zusammenhang von Modernität und Affinität zum
Nationalsozialismus in der deutschen katholischen
Theologie, welche die Grundlage für die Diskussion über
etwaige nationalsozialistische Tendenzen in der deutschen
Reformtheologie verbreitern können.“ [6]
[1] Zitiert nach Bormann, Irene: Keine Schule wie jede
andere. Geschichte des staatlichen Gymnasiums
in
Duderstadt 1876 – 2001, Duderstadt 2001, S.
300.
[2] A.a.O., S. 295.
[3] A.a.O., S. 299.
[4) A.a.O., S. 294.
[5] Zitiert aus der Dokumentation in Breuning, Klaus: Die
Vision
des Reiches. Deutscher Katholizismus zwischen
Demokratie und Diktatur (1921-1934), München
1969,
S. 32.