Archiv 2013
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Gedenkfeier zum 27. Januar in Duderstadt und
Kriegsgräber auf dem St. Paulus Friedhof (Brief an
Bürgermeister Nolte vom 09.01.2013)
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Lesung und Zeitzeugengespräch mit Éva Pusztai
Gedenkfeier zum 27. Januar in Duderstadt und
Kriegsgräber auf dem St.-Paulus-Friedhof
Die Geschichtswerkstatt Duderstadt hat die bislang
vernachlässigten Gräber von Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeitern auf dem St.-Paulus-Friedhof in Duderstadt
erneut zum Thema gemacht. In einem Brief an Bürgermeister
Wolfgang Nolte und die Vorsitzenden der Ratsfraktionen
schlägt sie vor, die diesjährige Feier zum Gedenktag 27. Januar
zur Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft vor diesen Kriegsgräbern abzuhalten.
Zugleich mahnt sie an, diese Gräber in einen würdigen und
dem Kriegsgräbergesetz entsprechenden Zustand zu
versetzen. Außerdem erinnert sie an die Zusage der Stadt,
ebenfalls an die etwa 70 rechtswidrig eingeebneten
Kriegsgräber auf dem St.-Paulus-Friedhof zu erinnern. Nach
Vorstellung der Geschichtswerkstatt sollte für jedes dieser
verlorenen gegangenen Gräber eine Stele mit den in der
Gräberordnung vorgeschriebenen Angaben über die Toten
aufgestellt werden. Das würde eine beeindruckende
Gedenkstätte ergeben. Schließlich regt die Geschichtswerkstatt
an, in das Gedenken auch die zahlreichen alliierten
Kriegsgefangenen einzubeziehen, die im Frühjahr 1945 im
Kriegsgefangenen-Durchgangslager Ziegelei Bernhard einem
Kriegsverbrechen der Wehrmacht zum Opfer fielen und
zunächst auf dem St.-Paulus-Friedhof beerdigt wurden.
Näheres ist dem nachfolgenden Brieftext zu entnehmen.
Wortlaut des Briefes an Bürgermeister Wolfgang Nolte und
die Vorsitzenden der Ratsfraktionen:
An
Herrn Bürgermeister Wolfgang Nolte,
Herrn Ratsvorsitzenden Bernward Vollmer
und die Vorsitzenden der Ratsfraktionen
Gedenkfeier zum 27. Januar in Duderstadt und
Kriegsgräber auf dem St.-Paulus-Friedhof
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Mitgliederversammlung der Geschichtswerkstatt Duderstadt
schlägt vor, die Gedenkfeier der Stadt am 27. Januar zur
Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in diesem
Jahr auf dem St.-Paulus-Friedhof vor dem Sammelgrab
früherer Zwangsarbeitenden abzuhalten.
Die Geschichtswerkstatt begrüßt, dass Duderstadt zu den
Städten gehört, die seit Einführung dieses Gedenktages an
turnusmäßig wechselnden Erinnerungsorten jährlich eine kleine
Feier abhält. Bisher wurden ausschließlich Gedenkorte gewählt,
die im Zusammenhang mit der Verfolgung jüdischer Mitbürger
standen. Der Gedenktag soll an alle Opfer des
nationalsozialistischen Deutschland erinnern. Dazu zählen die
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die in großer Zahl
auch nach Duderstadt verschleppt wurden und von denen viele
diese Verschleppung mit dem Leben bezahlen mussten (mehr
als 120 von ihnen wurden auf dem St.-Paulus-Friedhof in
Duderstadt begraben). Ihr Schicksal fand in den
Nachkriegsjahrzehnten wenig Beachtung. Das lässt sich in
Duderstadt schon daran erkennen, dass es heute auf dem St.-
Paulus-Friedhof nur 18 Gräber von Zwangsarbeitenden mit
Grabsteinen gibt, die jedoch fast alle den Anforderungen des
Kriegsgräbergesetzes nicht genügen. Weitere 37 während des
Zweiten Weltkrieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit
gestorbene Ausländer wurden in einem Sammelgrab
beigesetzt, über das im Sinne des Wortes Gras wuchs und
welches erst zu Allerheiligen 2011 durch die
Geschichtswerkstatt Duderstadt als Grabstätte kenntlich
gemacht wurde, woraufhin die Stadt Duderstadt zusätzlich eine
Tafel mit den Namen der Toten aufstellte. Außerdem sind etwa
70 Zwangsarbeitergräber auf dem St.-Paulus-Friedhof
eingeebnet worden, obwohl sie als Kriegsgräber laut
Kriegsgräbergesetz hätten erhalten werden müssen. (Eine von
uns erbetene Aufklärung darüber, wann diese Einebnungen
geschahen und welche Beschlüsse dazu geführt haben, steht
noch aus.)
Es ist daher erforderlich, auch das Schicksal der früheren
nichtjüdischen Zwangsarbeitenden mehr in die
Erinnerungsarbeit der Stadt einzubeziehen. Deshalb erscheint
uns der Vorschlag, die diesjährige Feier zum 27. Januar vor
dem Sammelgrab durchzuführen, sehr angemessen. Die
Einladung eines Vertreters aus Kartuzy dazu wäre überdies
geeignet, die bestehende Städtepartnerschaft zu vertiefen.
Eine Gedenkfeier an dem vorgeschlagenen Ort könnte auch
dazu dienen, Verständnis dafür zu wecken, dass die Stadt
Duderstadt trotz aller notwendigen Sparbemühungen diese
Grabstätte mit derzeit provisorischen Hinweisschildern endlich
gemäß den gesetzlichen Bestimmungen würdig und wie
gesetzlich vorgeschrieben mit den vollständigen Angaben über
Namen, Geburts- und Todestag sowie Herkunftsland der Toten
gestaltet. Duderstadt erscheint an dieser Stelle derzeit in
keinem guten Licht. Es ist schwer verständlich, dass in mehr als
zwei Jahren, seit die Geschichtswerkstatt Duderstadt auf den
durch Vergessen geprägten Zustand dieser Kriegsgräber
aufmerksam gemacht hat, so wenig geschehen ist.
Wir weisen zugleich darauf hin, dass in Gesprächen seitens der
Stadt Duderstadt zugesagt wurde, auch an die Kriegstoten zu
erinnern, deren Gräber, wie oben dargestellt, auf dem St.-
Paulus-Friedhof eingeebnet wurden. Unser Vorschlag dazu
lautet weiterhin, für jedes dieser Gräber eine Stele mit den oben
genannten Daten aufzustellen. Das würde eine tatsächlich
würdevolle und beeindruckende Gedenkstätte ergeben.
Wir ergänzen unsere bislang vorgetragenen Vorschläge durch
einen weiteren: in gleicher Weise in das Erinnern auch die auf
dem St.-Paulus-Friedhof beerdigten zahlreichen Toten des
Kriegsgefangenen-Durchgangslagers in der Ziegelei Bernhard
einzubeziehen, welche in der Nachkriegszeit exhumiert wurden
– also an sie das Gedenken am 27. Januar einzubeziehen und
an sie auf dem St.-Paulus-Friedhof ebenfalls dauerhaft zu
erinnern.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Götz Hütt
“Die Seele der Dinge”
Lesung und Zeitzeugengespräch zum Shoa Gedenktag mit
Éva Pusztai
Samstag, 26. Januar 2013, um 19.30 Uhr, Reformierte Gemeinde
Göttingen, Untere Karspüle 11, Göttingen
Veranstaltet vom Bündnis “Gedenken an die Opfer des
Nationalsozialismus - 27. Januar”